6 Freizeitparks und viele Ladestationen
Lesen Sie im interessanten Blog von unserem Mitarbeiter im Occasionscenter, Manfred Zeller, was er während seinem Roadtrip durch Deutschland mit seinem Tesla alles Verrückte erlebt hat. Erfahren Sie aus erster Hand, was die wirklichen Vor- und Nachteile eines E-Fahrzeuges im Alltag sind.
Tag 1: Einfache Hotelbuchung dank der E-Fahrzeug-App
Es ist Oktober 2019, das Auto steht bereit und meine Freundin und ich haben unsere Sachen gepackt für einen Roadtrip. Völlig ungeplant, ohne eine einzige Buchung eines Hotels, nur mit dem Ziel, einige Freizeitparks in Deutschland zu besuchen. Aber das Verrückte daran: Wir machen den Trip mit einem Elektroauto, wo doch jeder immer sagt, dass das so eine Sache sei mit der Reichweite und mit dem Laden dieser Fahrzeuge.
Nach mittlerweile 6 Monaten, in denen ich nun ein Elektrofahrzeug besitze und täglich fahre, bin ich mir natürlich der Skepsis Vieler bewusst und habe mich unterdessen daran gewöhnt, mich oft rechtfertigen zu müssen und mit vielen (Vor-)Urteilen konfrontiert zu werden. Und was hilft da besser, um die Skeptiker vom Gegenteil zu überzeugen, als es einfach zu wagen, unterwegs zu sein, ohne doppelten Boden und Notstromaggregat.
Wir starten also in Bern mit einem vollgeladen Tesla Model S, vollgeladen im Sinne von Gepäck und natürlich mit rappelvollem Akku. Erstes ungefähres Ziel ist der Europapark in Rust. Problemlos verlassen wir in Basel die Schweiz und was macht man als erstes als Schweizer auf deutschen Autobahnen? Klar, «etwas» schneller fahren als auf heimischen Autobahnen. Und siehe da, man blickt in erstaunte Gesichter, wenn man sie mit einem Elektroauto mit 230km/h überholt. Ja der Tesla bringt es auf 250km/h, aber der Elektroautofahrer ist ja nicht der typische Raser, da wir nicht ab der hohen Geschwindigkeit ins Schwitzen kommen, sondern eher beim Anblick der Ladeanzeige der Batterie! Der Luftwiderstand macht sich da sehr stark bemerkbar und frisst die Kilowatt weg. Natürlich kann man den Luftwiderstand reduzieren in dem man sich in den Windschatten eines anderen Fahrzeuges begibt, allerdings ist das mit über 200km/h sehr verantwortungslos und es sieht auch dumm aus, wenn man mit der Elektrolimousine einem Ferrari am Heck klebt. Daher, Geschwindigkeit reduzieren auf angenehme 130km/h und dem Autopiloten das öde Kilometerbrettern überlassen.
Nach guten 200 km erreichen wir nun die Region um Rust wo wir den ersten Stopp planen: Nicht, weil das Auto bereits keinen Saft mehr hat, sondern weil wir Hunger haben. Da kommt jetzt aber das Umdenken vom Verbrenner- zum Elektroautofahrer: Mit dem Elektrofahrzeug fährt man nicht, bis es praktisch leer ist und geht dann Vollladen, sondern man lädt bei jeder Gelegenheit ein Stück nach. Das heisst, wir nutzen unsere Mittagspause und lassen während dem Essen unser Fahrzeug am Supercharger (Schnellladestation von Tesla) laden. Diese Supercharger sind in der Regel immer an Autobahnen und in sinnvollen Abständen, so dass die Reichweite eines Akkus problemlos bis zur nächsten Ladestation reicht. Ungesund, aber praktisch ist, das bei fast jedem dieser Supercharger direkt ein namhaftes Burger-Restaurant liegt.
Nach 45 Min setzen wir uns also wieder in unseren Tesla, dieser ist wieder zu fast 100% voll, sodass wir (statt in den Europapark zu gehen) gleich weiterfahren Richtung Köln. Dank dem sehr bescheidenen Wetter und dadurch wenig Verkehr kommen wir recht zügig voran, sodass wir nach Rund 3 Stunden in der Nähe von Frankfurt den nächsten Supercharger ansteuern. Übrigens, Supercharger-Ladestationen sind super einfach zum Bedienen, da es weder ein Display noch Knöpfe gibt. Einfach parkieren und das Ladekabel an das Auto stecken und schon fliessen die Ampere.
Nach einer Runde Espresso und dem obligatorischen Beinevertreten, geht es nach Rund 35 Min wieder weiter. Je näher wir an Köln kommen, desto mehr steigt der Puls, denn unser Ziel ist das Phantasialand und da gibt es keinen Supercharger und wir haben abends um 19.00 Uhr immer noch kein Hotel für die Nacht. Also wird die Tesla-App auf dem Handy zur Hilfe genommen, auf dieser sind Ladestationen bei Point of Interests hinterlegt, dazu gehören auch Hotels. Und siehe da, nach 2-3 Minuten Suche haben wir bereits ein Hotel gefunden, das uns passt und von der Lage her optimal ist.
Beim Hotel angekommen, sehen wir schon die Parkfelder mit den zwei Ladestation direkt beim Eingang. Auch hier, parken, Ladestecker einstecken und fertig.
Tag 2: Nur mit E-Fahrzeug: Parkplatz direkt beim Eingang
Aufstehen und sich freuen, wenn man auf der App sieht, dass das Auto wieder vollgeladen ist, das gibt’s nur mit Elektroautos. Oder ich habe mich zumindest nie so über einen vollen Tank gefreut bei meinen vorherigen Autos. Was auch nicht unwesentlich ist, wir haben bisher keinen Rappen für den Strom bezahlt. Die sogenannten Destinationcharger von Tesla, die sich bei Hotels/Restaurants und sonstigen Geschäften befinden, sind bei einem Aufenthalt vor Ort gratis zu benutzen. Natürlich ist es empfehlenswert, sich vorher zu erkunden, ob die Ladestationen zum gewünschten Zeitpunkt verfügbar sind.
Nach einigen lustigen Stunden im Phantasialand in Köln geht es nun weiter Richtung Holland. Unser nächstes Ziel ist der Park Toverland in der Nähe von Sevenum (NL). Wieder über die App auf dem Handy suchen wir nach einer Übernachtungsmöglichkeit in der Nähe des Parks. Einzige Bedingung, das Hotel muss eine Ladestation haben. Aber auch in Holland scheint dies kein Problem zu sein, hier scheint die Flächenabdeckung mit Ladestationen für Elektrofahrzeuge noch deutlich dichter zu sein als in Deutschland und der Schweiz. Wir steuern also unser Nachtlager an und erst vor Ort wird uns bewusst, dass wir ein Zimmer in einem Schloss gebucht haben, oder besser gesagt, uns wird bewusst, wie gross und schön dieses Anwesen ist. Allein der Parkplatz liegt etwa 200 m vom Eingang entfernt, da dazwischen noch der Schlosspark liegt. An der Rezeption fragen wir nach der Lademöglichkeit. Was uns schon öfters aufgefallen ist, die Ladestationen liegen oft direkt neben dem Eingang eines Geschäftes/Lokalität. Also noch ein Vorteil für ein Elektroauto. Wir durften also als Einzige im Schlosspark direkt beim Eingang zum Hotel unser Auto abstellen und auch hier dürfen wir kostenlos über Nacht laden. Und wunderbar sind die neidischen Blicke der Porsche/Jaguar-Fraktion, die ihre Koffer durch die verwinkelten Wege des Schlossparks schleppen müssen, um dann den Hoteleingang zu erreichen.
Tag 3: Zugeparkte Ladestation
Los geht’s am Morgenfrüh zum Freizeitpark Toverland. Leider haben bis heute viele solcher Parks noch keine Ladeinfrastruktur. Ich gehe aber stark davon aus, dass sich dies in den nächsten Jahren ändern wird und auch die Parks solche Ladestationen anbieten müssen.
Am späteren Nachmittag verlassen wir Toverland und machen uns auf den Weg nach Efteling, einer der grössten und schönsten Freizeitparks in Europa. Nach kurzweiligen 1,5 Stunden Fahrt kommen wir an unserem Ziel an, dieses Mal haben wir ein Hotelzimmer direkt im parkeigenen Hotel. Nach 2-3 Runden auf dem Parkplatz entdecken wir die Ladestationen, die vom Hotel zur Verfügung stehen, allerdings, wie leider bereits öfters erlebt, von ignoranten «Verbrennerfahrern» zugeparkt. Wir melden uns im Hotel, die Mitarbeiter sorgen dafür, dass wir den Parkplatz bei der Ladesäule benutzen können. Hier ist es etwas anders gelöst mit dem Laden des Autos: Der Mitarbeiter des Hotels hat eine Karte, mit der er die Säule freischalten muss, erst dann fliesst der Strom. Dasselbe ist auch wieder am Ende des Ladevorgangs nötig. Leider ist dies etwas umständlich gelöst und die Mitarbeiter haben sicherlich auch besseres zu tun, als mich zum Auto zu begleiten, um mein Fahrzeug wieder von der Ladestation zu entriegeln.
Tag 4: Die Vorteile von einem E-Fahrzeug im Stau
Wir setzen uns ins vollgeladene Auto und beschliessen kurzerhand an die Nordsee zu fahren, genau gesagt nach Den Haag. Wir und unser Tesla geniessen die flachen Strassen in Holland, da können wir recht effizient unterwegs sein und sparen Strom und Reichweite. Und dann passiert es: Wir fahren in den ersten grossen Stau und denken als Erstes an all die Bilder, die auf Facebook rumgeistern, dass Elektroautos schon nach kurzer Zeit im Stau der Saft ausgeht und diese nicht wie ein Benziner/Diesel kurz wieder aufgetankt werden können… Dabei kommen gerade im Stau die Vorteile des E-Autos voll zum Tragen: Während sich alle um uns herum wegen dem Stau nerven, drücken wir auf den Knopf des Autopiloten und dieser kutschiert uns ruhig und gelassen durch den Stop-and-Go-Verkehr und wir gewinnen Zeit, um ein Hotel für den Abend auf dem Handy zu suchen. Ein weiterer Vorteil von E-Autos im Stau wäre in Zukunft, dass man auch dann die Fenster öffnen kann, ohne die ganzen Abgase der stehenden Autos inhalieren zu müssen. Und wichtig für alle, die gerne in den Süden fahren: Ein stehendes Elektrofahrzeug braucht kaum Strom, also absolut kein Problem, auch mal 2-3 Stunden vor dem Gotthard zu stehen. Natürlich kann man sich selbst lieb sein und nicht die Sitz- und Lenkradheizung voll aufgedreht zu haben oder meinen zu müssen, die anderen sollen auch meine Musik mithören können. Alle diese Verbraucher beeinflussen halt die Reichweite, und obwohl dies bei einem Verbrenner auch so ist, empfindet man es bei der Prozent-/Reichweitenanzeige des E-Autos irgendwie anders und achtet intensiver auf solche Dinge.
Irgendwann ist auch der längste Stau zu Ende, und wir kommen in Den Haag an und geniessen den Blick auf die stürmische Nordsee. Leider haben wir trotz intensiver Suche kein Hotel mit Meersicht und Ladestation gefunden. Also entscheiden wir uns für die Meersicht und gegen eine Ladestation direkt vor Ort. Wie schon erwähnt, ist die Ladeinfrastruktur in Holland recht gut und praktisch jede öffentliche Einstellhalle hat Ladestationen. Also fahren wir zur nächsten Einstellhalle und parken bei den E-Parkplätzen. Und zum ersten Mal kommt ein dezentes Fluchwort über meine Lippen… Hier hat es haufenweise Ladestationen, aber überall braucht man irgendeine Ladekarte und ein Abo, dass man online abschliessen muss. Da merkt man, dass die Benutzerfreundlichkeit leider noch sehr in den Kinderschuhen steckt. Da bringt dir plötzlich jede goldene Masterkarte nichts, wenn diese an der Ladesäule einfach nicht akzeptiert wird und Bargeld kann man komplett vergessen. Aber ich habe ja vorgesorgt und habe mir noch in der Schweiz nicht nur von einem, nein, von zwei Anbietern (von unzähligen) eine Ladekarte besorgt. Damit wir aber keine bösen Überraschungen erleben, arbeite ich mich durch die Apps von den Anbietern durch, um die anfallenden Gebühren beim Laden zu prüfen. Und da wird wohl mancher erstaunt sein, was den Anbietern alles einfällt, um Geld zu verdienen. Da geht es nicht nur um die Stromkosten pro KW/h, sondern da werden noch Standgebühren nach Minuten fällig plus Roaming-Kosten, da der Anbieter der Ladekarte nicht der Eigentümer der genutzten Ladestation ist. Schnell kommt man hier ins Schwitzen, und man verliert den Überblick. Ausserdem will ich meine Freizeit nicht mit Lesen einer App in einer Einstellhalle verbringen. Zudem kann man das Fahrzeug nicht einfach über Nacht stehen und laden lassen, da einem sonst Ladestations-Sperrgebühren in Rechnung gestellt werden. Das heisst man muss nach dem Beenden des Ladevorganges das Auto wieder auf ein «normales» Parkfeld umparkieren gehen.
Da wir die nächsten drei Tage das Fahrzeug nicht brauchen werden und noch etwa 120 km Restreichweite haben, entscheiden wir uns das Laden hier ganz zu lassen und parken auf einem normalen Parkfeld.
Fortsetzung folgt!